Wie oft ließt man von billig hergestellten Akustik-Gitarren, die zum Himmel gelobt werden, weil sie so schön günstig und dafür doch recht ordentlich verarbeitet sind. Immer geht man dann in den Thomann, probiert diese angepriesene "Wunderklampfe" aus und geht beruhigt wieder heim, weil man merkt, für seine Martin/Gibson/Guild/... zurecht das 12-fache bezahlt zu haben. Billige Gitarren kommen normalerweise einfach nicht an die Substanz heran, die einem ein Premium-Instrument bietet.
Ich habe noch nie eine 'lowest Budget' Gitarre (mMn. bis 200 Euro) gespielt, die mich richtig überzeugt hat. Zu groß waren meine Erwartungen an die Neue, da man natürlich immer seine anderen Gitarren im Hinterkopf hat und Vergleiche zieht.
Eigentlich war es meine Absicht, eine günstige Reisegitarre zu kaufen, die ich einfach ohne Koffer oder Gigbag ins Auto schmeißen kann, natürlich wollte ich aber auch einen ansprechenden Sound und eine einigermaßen ordentliche Verarbeitung und das alles für unter 200?.
Komplett aus Mahagoni gefertigt, sieht diese Gitarre wertig aus, hat ein wertiges/optimales Gewicht und man hat nicht das Gefühl eine billige Massenproduktion auf dem Schoß zu haben. Die Verarbeitung ist gut, ich konnte keine groben Mängel erkennen. Gerade für Reisegitarren ist ein seidenmattes Finish ja von Vorteil, da die Gitarre wesentlich weniger anfällig für grobe Kratzer, Dellen etc. ist; ein richtig robustes Arbeitstier eben.
Die Saitenlage wäre eine Note 2 ----> Sehr gut bespielbar, aber da geht noch was in Sachen Optimierung. Teure Instrumente sind hier auch nicht zwangsläufig besser, teils sogar schlechter (!)
Knochensteg, Knochensattel, Scalloped X-Bracing für mehr "Punch"... man orientiert sich hier klar an den teuren Vorbildern und das spiegelt sich auch im Sound wieder!
Der Sound ist fabelhaft. Wer viel Folk/Country/Americana etc. spielt, wird einfach nur begeistert sein und das Teil nie wieder hergeben. Sehr direkte Ansprache, sehr laut, ein gut ausgewogenes Verhältnis von Höhen und Bässen. Extrem warmes, sanftes, Fingerpicking ist genauso möglich wie der ratternde,knackige Dylan Sound der frühen 60er! Rein von der Lautstärke eventuell sogar für Bluegrass&Skiffle zu gebrauchen, allerdings noch nicht "gegen" Kontrabass oder Banjo gespielt. Natürlich nicht so bassig wie die Bluegrass Paradegitarren D-18, D-28, D-35 usw.
Am ehesten vergleichbar wäre sie mMn. mit der GUILD M-120, die in Sachen Preis/Leistung ebenfalls gigantisch ist, aber bei ca. 500 Euro liegt. Die Martin 000 Gitarren kann sie vom Bass nicht ganz erreichen, aber explizit schlechter finde ich sie nicht. Klingt unglaublich, ist aber wirklich so.
Für die düsteren, basslastigen Sachen ist sie mMn. nicht optimal, also kein Cash, kein Neil Young o.ä. aber es gibt keine Gitarre, die wirklich alles kann und so ist sie eine perfekte Ergänzung in jeder Sammlung!
Die einzigen Kritikpunkte, die ich aber auch nur auf meinem persönlichen Geschmack begründen kann:
-Nicht meine lieblings-Mechaniken (schon gar nicht für so ein puristisches Vintage-Ding) aber sie ist so gut, dass sich ein Tausch auf Butterbean oder White Buttons lohnt!
-Ein Fat-Neck würde die Gitarre in meinen persönlichen Olymp befördern, angesichts des günstigen Preises aber wsl. auch zu viel des Guten!
-Meine zwei Gibsons werden nicht mehr so oft gespielt, wie zuvor ;-)
Uneingeschränkte Kaufempfehlung, bei weitem nicht nur für Einsteiger. Ich werde sie jedem empfehlen, der eine Gitarre unter 200 Euro haben möchte. Blutige Anfänger werden damit so viel Spaß haben, dass sie an ihrem neuen Hobby dran bleiben und "alte Hasen" werden positiv überrascht sein.
Ich weiß nicht wie sie das hinbekommen haben, aber sie haben es hinbekommen!!!