Erst einmal ein großes Dankeschön an Musikhaus Thomann für den, wie immer, hervorragend schnellen Versand und die Möglichkeit das Gerät 30 Tage testen zu können, zu behalten oder zurückzusenden!
Da die Videos auf Youtube zu Musikelektronik immer mehr nur von dafür bezahlten Youtubern geprägt sind, bekommt man kaum mehr unvoreingenommene Tests. Das ist leider auch im Fall des Nightverbs so.
Zu mir: Ich betreibe mein Tonstudio nun seit 30 Jahren und mache hauptberuflich Musikproduktionen.
Jetzt zum Nightverb von Erica Synths:
Ich nehme es erstmal vorweg: das Gerät ging leider zurück.
Das Nightverb kam ordentlich verpackt und inklusive Netzteil und Anleitung in gedruckter Form zu mir.
Die Verarbeitung von Gehäuse und Drehreglern ist sehr gut.
Das Display ist gut ablesbar, Bedienung problemlos.
Als Vergleich zum Nightverb habe ich folgende meiner Geräte im Einsatz: CXM 1978 von Chase Bliss Audio, Ventris und Collider von Source Audio und Big Sky von Strymond.
Ich route meine Synths über analoge Mixer und von dort über die FX, von dort an ein RME Fireface 800 für Aufnahme am Rechner.
Das Nightverb hat leider keinen Tru Bypass. (Mein Erica Synth Zen Delay leider auch nicht) Alle meine weiteren FX (analoge Choruse, Phaser, Delay und eben die oben genannten CXM 1978, Ventris, Collider, Big Sky haben alle Tru Bypass, wodurch das Signal bei meiner Arbeitsweise nicht beeinträchtigt wird, wenn der FX nicht zur Verwendung kommt.
Jetzt der größte von 3 Kritikpunkten vom Nightverb:
Der Signalpegel ist ca. 6 bis 9 dB zu gering, im Vergleich mit allen anderen Geräten.
Der Ausgangsregler steht auf Rechts-Voll-Ausschlag. Voller Pegel also. Soweit so gut.
Den Eingangsregler muss man auf 15 bis 17 Uhr stellen, um einigermassen Pegel zu haben. Immer an der Grenze, wo Übersteuerungen auftreten. Wenn man den Eingangspegel zu sehr erhöht, und man den Eingansregler am Nightverb dann nur bis 12 Uhr regelt, treten ab 13 Uhr dann Übersteuerungen auf.
Man kann es drehen und wenden wie man will: es kommt einfach ein viel zu leiser Pegel aus dem Nightverb.
Bei anschliessender Verstärkung in der DAW ist der Rauschteppich entsprechend hoch.
Kritikpunkt 2:
Beim drehen von Dry nach Wet beim Mixregler wird das Eingangssignal leiser. Man muss dann permanent am Einganspegelregler im Uhrzeigersinn nachjustieren, unter Berücksichtigung, das es nicht zerrt.
Der Pegelabfall beim zumischen von Effekt von dry zu wet ist ziemlich groß. Das erschwert die Arbeit. Es ändert nichts an der Tatsache, auch wenn man am Nightverb den Mixparameter von analog auf digital stellt.
Es ist mit nachregeln des Eingangspegels alles machbar, aber mal eben viel oder zu viel Hall zu geben ist hier schwierig. Mit CXM, Ventris, Collider, BigSky ist das alles kein Thema und sehr einfach.
3. Kritikpunkt: Sound
Der Sound ist für mich das, was vorrangig zählt.
Die ersten 2 Kritikpunkte hätte ich verschmerzt, wenn der Sound besser oder zu mindest ebenbürdig wäre zu meinen genannten Geräten.
Das Nightverb hat nur einen Algorithmus, der aber sehr beeinflussbar ist. Von Room bis langem Hall.
Der Sound ist sehr sauber, von hoher Klangqualität.
Es klingt mir aber solo und auch im Mix zu Hifi. Zu spitz in den Höhen.
Wenn man den Bass- und den Höhenregler nach links dreht um den Sound Richtung Bandpass zu bringen ist der Sound mittiger. Man verliert aber noch mehr Pegel. Man muss dann in der DAW fast 12dB verstärken um vergleichbaren Pegel zu erhalten, der Rauschteppich ist dann noch höher. Es ist machbar.
Leider ist der Sound im Vergleich immer schlechter als im hervorragenden Ventris / Collider oder auch im fantastischen CXM 1978 im Standartmode.
Das CXM 1978 wird leider aktuell nicht mehr über Thomann vertrieben und das Meris Mercury X hat zwar die Room-, Plate- und Hallalgorythmen vom CXM, aber nicht den Mode Standart, um den es gerade beim CXM 1978 geht um den "Schönsound" zu erreichen.
Ich habe das Nightverb auf Bass, Drums, Percussion, Piano, akustische Gittarren und verschiedene analoge Synthsounds probiert: Mir gefiel am besten Ventris / Collider, dann CXM 1978, dann Big Sky, welches etwas härter, schroffer, aber sehr charakteristisch klingt.
Das Nightverb (auch im Modus Dirty) hat für mich keine Vorteile gebracht. Es klang in meinen Ohren immer nicht so schön von meinem Sound-empfinden.
Mein Soundanstreben ist der Hardware Lexicon 224XL oder 480L Sound.
Ich denke, da bin ich mit Ventris / Collider am nächsten dran.