Der landläufig als Kompressor bezeichnete Leveling Amplifier, auch als das Drive Pedal für den cleanen Ton bezeichnete Effektgerät gehört wohl zu den größten Exoten auf dem Stressbrett.
Egal, ob subtiler abgestimmt wie dieser Klassiker im Pedalformat, oder plakativer in seiner Wirkung stellt er für viele User - auch für mich - eine Herausforderung, bzw ein kleines Mysterium bezüglich seiner Einstellmöglichkeiten dar.
Signifikant für solche Pedale ist, dass sie das Signal am Beginn der Signalkette DEN Unterschied machen lassen können. Dabei ist noch die Feststellung amüsant, dass das erste Gerät in der FX Kette bei vielen Instrumentalisten dasjenige ist, das als Letztes angeschafft wird :-).
Nun ist genau diese Gerätschaft in der Lage ebenso viel „kaputt“ zu machen wie den Klang zu veredeln. Die Kunst besteht darin Settings zu finden die dem jeweiligen Einsatzzweck zu dienen und genau dies ist die Challenge.
Wir Alle kennen aus der Popularmusik Beispiele, hier vorzugsweise Synths, wo das jeweilige Instrument so bearbeitet wurde, dass es eher einem Ducker denn einer „angemessenen“ Kompression entspricht. Klar, ein Stilmittel, mir gefällt es überhaupt nicht.
Wie also gestaltet sich der Umgang, und wo ist der Mehrwert!
Ein einfaches Beispiel sind funky Licks oder Chickn’ Pickin‘ im Country. Einem perkussiven Attack folgt ein niedriges Level für Sustain und Release, was den initialen Knack unmissverständlich hervorhebt. Das ist noch ein relativ einfaches Setting, das zudem anfangs nahezu alle Transienten durchlässt.
Schwieriger wird es dann, wenn die Dynamik nicht zugunsten eines konstanten Levels, so wie es im Recording benötigt wird zum Opfer fallen soll. Da ist viel Experimentieren angesagt. Ich selbst bin auch nicht so ausgewiesen jede, der sich gegenseitig beeinflussenden Reglerbewegungen solide voraus zu sagen. Vielleicht habe ich damit schon ausreichend angedeutet, dass ein solches Gerät mehr Beschäftigung erfordert als die plakativeren Effekte.
Was zeichnet das 76 aus? Vieles! Zunächst ist es dessen Aufbau mit FET Transistoren die ähnliche Kennlinien wie Röhren aufweisen. Das ist zwar nicht ganz so relevant wie bei Letzteren, die ihre Qualitäten vorzugsweise im Sättigungsbereich offenbaren, aber es macht eine Kette, innerhalb derer Röhrentechnik eine zentrale Rolle spielen soll homogener. Die verwendeten Transformatoren wirken sich darüber hinaus auf den Klang veredelnd aus. Insgesamt ist das Pedal 76 eher den subtileren Kompressoren zuzuordnen. Selbst in extremeren Einstellungen behält es eine Form musikalischer Eleganz.
Was noch? Gerade die Eigenschaft das Sustain länger aufrecht erhalten zu können ermöglicht ein „gebundeneres“ Spiel. Der Ton reisst ähnlich wie bei der Fahne eines Reverbs nicht so schnell ab. Für mich einer der relevantesten Gründe dieses Pedal zu erwerben.
Zum Schluss noch ein Aspekt
Ein Kompressor ist letztlich bei Bedarf auch ein Booster. Mittels seines Output Levels ist man in der Lage die Vorstufe eines Röhrenamps anzupusten. Die ebenfalls einstellbare Kompression und damit das erreichbare Level an Sustain gibt dem Signal eine Note die dem Booster verwehrt bleibt.
Aber auch das wars noch nicht. Ich bin von diesem Gerät so überzeugt, dass ich es gar für Vocals im Recording Bereich einsetze.
Die umfangreichen Features lassen sich dem Datenblatt einnehmen. Die einzige Kritik, die ich mit meinem Vorredner teile ist der geradezu betonierte Aufbau für den verfügbaren internen 9 Volt Block. Es sieht geradezu so aus, als wenn dieser nach dem Einsetzen von einem 3D Drucker für ewig versiegelt wurde. Entsprechend schwierig war die Entnahme, denn auch ich will sicher stellen, dass der Output Transformator am Start ist!
Mein Fazit ist dennoch komplett versöhnlich. Ja, 300 Öcken sind richtig viel Geld. Was aber, wenn das Signal am Eingang so mustergültig für jede Situation, ob live oder fürs Recording justiert werden kann? Ein Pedal, das mich auf allen Ebenen seiner Möglichkeiten voll überzeugt.